Wirecard: Wirtschaftskrimi wird zum Politkrimi

20 Juli 2020
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„Es gibt nicht nur eine Achse von Wirecard zur ÖVP und FPÖ nach Österreich, sondern auch eine Achse Wirecard-CSU-Bayern. Überall, wo mit Hochstapelei Geld zu verdienen ist, ist Guttenberg nicht weit. Er ist der Felix Krull der deutschen Politik“, erklärt Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, angesichts der Enthüllungen über den Lobbyismus des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg für das China-Geschäft der Wirecard AG und die politische Dimension des Börsenskandals. De Masi weiter: „Der Wirtschaftskrimi um Wirecard ist auch eine politische Affäre: Das Treffen zwischen Finanzstaatssekretär Jörg Kukies und Ex-Wirecard-CEO Markus Braun wurde zunächst auf den 5. November 2019 – den Geburtstag Brauns und den Tag der Übernahme der chinesischen AllScore Payment Services für den Markteintritt in China – datiert und soll nun doch später stattgefunden haben. Nun gibt die Bundesregierung zu, das China-Geschäft politisch begleitet zu haben. Es muss ausgeleuchtet werden, ob es einen Zusammenhang gibt, der verschleiert werden sollte und dem Bundestag vorenthalten wurde. Denn das Schneeballsystem von Wirecard war auf aggressives Wachstum angewiesen, um die schwarzen Löcher in der Bilanz zu stopfen. 

Wirecard wickelte die Corona-Hilfen umsonst für die bayerische Landesregierung ab und ließ sich durch die Kanzlei eines einstigen CSU-Bundestagsabgeordneten bei der Klage gegen die Journalisten der Financial Times anwaltlich vertreten. Zudem muss die Rolle der Nachrichtendienste und die Frage einer etwaigen Überwachung von Zahlungsströmen in Drittländern geklärt werden.

Ich würde mich lieber auf die dringend nötige Reform der Finanzaufsicht konzentrieren, damit Big-Tech-Unternehmen, die Finanzgeschäfte betreiben, ordentlich beaufsichtigt werden. Aber ein Untersuchungsausschuss erscheint kaum noch vermeidbar!“

Fabio De Masi: „Der Ex-Wirecard-CEO Markus Braun war Berater von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz und spendete für die ÖVP. Jan Marsalek war offenbar mit der FPÖ verbandelt und Wirecard pflegte in Deutschland Verbindungen zur CSU. Wenn man das Fenster öffnet, schlägt einem der Gestank eines politischen Saustalls entgegen. Die Bundesregierung muss in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft München aufklären, warum nicht schneller ein Haftbefehl gegen Jan Marsalek erwirkt wurde und dieser mutmaßlich unbehelligt das Land verlassen konnte. Vor allem aber müssen die deutschen Nachrichtendienste den Bundestag in geeigneter Form über ihre Erkenntnisse zu Wirecard und Marsalek informieren.“



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