Razzia im Finanzministerium

12 September 2021
Datenbank

Zur heutige Razzia im Bundesfinanzministerium wegen des Verdachts auf Strafvereitelung der Anti-Geldwäsche-Behörde (FIU) finden Sie nachfolgend ein Zitat von Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, der bereits 2017 im Bundestag die erste parlamentarische Anfrage zum Rückstau bei Geldwäsche-Verdachtsmeldungen gestellt hatte. „Ich habe Finanzminister Olaf Scholz seit 2017 aufgefordert, das Chaos bei der FIU zu beenden. Diese ist ein Sicherheitsrisiko für Deutschland. Wir brauchen eine Finanzpolizei mit kriminalistischer Expertise! Auch bei Wirecard hat die FIU Strafvereitelung zu verantworten. Das ist die absolute Höchststrafe für Scholz. Deutschland droht bei der Geldwäscheprüfung der OECD durchzufallen. Wer Deutschland führen will, muss den Zoll auf die Reihe bekommen! Deutschland ist Gangster’s Paradise.“

Die Panama Papers lüfteten den Schleier über der Welt des schmutzigen Geldes. Geldwäsche ist die Kriminalität der Reichen und Mächtigen. Es geht um Korruption, Steuerflucht, Menschen-, Drogen- und Waffenhandel bis hin zur Finanzierung von Terrorismus. Deutschland ist ein Paradies für Geldwäsche. Gemäß dem Financial Secrecy Index des Tax Justice Network befindet sich Deutschland unter den zehn wichtigsten Schattenfinanzplätzen weltweit. Der renommierte Anti-Mafia-Staatsanwalt von Palermo, Roberto Scarpinato, würde in Deutschland investieren, wäre er Mafioso. Laut einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) beträgt das Geldwäsche-Volumen allein hierzulande jährlich ca. 100 Milliarden Euro.

Die Defizite sind vielfältig. Trotz Aufsicht über den Finanzsektor durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) produziert etwa die Deutsche Bank Geldwäscheskandale am Fließband. Auch auf europäischer Ebene waren zuletzt mehrere Großbanken in Geldwäsche verwickelt. Noch schwächer ist die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor, also Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz wie Notare, Immobilienmakler oder Wirtschaftsprüfer. Hier besteht ein immenses Vollzugsdefizit. So kamen im Jahr 2018 nur 0,8% aller Geldwäsche-Verdachtsmeldungen nicht aus dem Finanzbereich. Im Immobiliensektor finden quasi keine Geldwäschekontrollen statt, obwohl in Betongold zurzeit die Party steigt.

Auch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) wird fast zwei Jahre nach ihrer Verlegung vom Bundeskriminalamt (BKA) zum Zoll ihrem gesetzlichen Auftrag der zügigen und qualitativen Analyse von Verdachtsmeldungen nicht gerecht. Und das 2017 eingeführte Transparenzregister zur zentralen Identifikation der Eigentümer von Firmen und Stiftungen enthält zu viele Schlupflöcher bei den Meldepflichten. Schließlich muss auch die Strafverfolgung verbessert werden. So kann etwa die 2017 erfolgte Verbesserung bei der strafprozessualen Vermögensabschöpfung nur bei hinreichender Personalausstattung in der Praxis umgesetzt werden. Ohne ein Strafrecht für Unternehmen kommen die großen Banken in Beihilfeverfahren oft glimpflich davon.

Bis Januar 2020 muss die Bundesregierung die nach der Enthüllung der Panama Papers entstandene fünfte anti-Geldwäsche-Richtlinie (AMLD5) der Europäischen Union (EU) in nationales Recht umsetzen. Die vielen Schwachstellen machen eine Schärfung und Neuausrichtung der Geldwäschebekämpfung über die Mindeststandards der Richtlinie hinaus erforderlich. Deutschland braucht einen Masterplan gegen Geldwäsche, um Finanzkriminalität endlich wirksam zu bekämpfen.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *