Mittelbare Investitionen in Spezialfonds: BaFin hat Anlegerschutzbedenken bei Umgehungskonstruktionen

25 Januar 2024
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Susanne Tresper

Investieren wie die Profis – so lautet das Werbeversprechen vieler Finanzdienstleister an Verbraucherinnen und Verbraucher. Möglich sei dies durch mittelbare Investitionen in Spezialfonds, sogenannte Spezial-AIF. Die BaFin schaut hier genau hin. Sind die Risiken zu groß, kann sie solche Angebote im Extremfall durch eine Produktintervention sogar verbieten. Emittenten von Vermögensanlagen oder Wertpapieren sind immer auf der Suche nach neuen Investitionsformen. Wird Privatanlegerinnen und -anlegern jedoch angeboten, wie professionelle Anleger zu investieren, ist Vorsicht angebracht. Insbesondere dann, wenn sie nicht direkt, sondern mittelbar in Fonds investieren sollen, die sonst nur professionellen Anlegern zugänglich sind – in Spezial-AIF. Schließlich gibt es gute Gründe, warum manche Anlageklassen nur bestimmten Anlegergruppen vorbehalten sind. Was verbirgt sich hinter Spezial-AIF?

Spezial-AIF gehören zu den Alternativen Investmentfonds. Nur professionelle und semiprofessionelle Anlegerinnen und Anleger dürfen gemäß Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Spezial-AIF investieren. Der Grund: Sie verfügen über ein größeres Fachwissen und müssen in der Regel mindestens 200.000 Euro anlegen. Die gesetzlichen Schutzbedingungen von Spezial-AIF sind niedriger als bei Publikums-AIF, die allen interessierten Anlegerinnen und Anlegern offenstehen. Der Gestaltungsspielraum von Spezial-AIF ist dafür höher. Ein derzeit zu beobachtender Trend ist etwa die Verknüpfung von Blockchain-Technologie, also der Tokenisierung , mit Investitionen in Venture Capital, Immobilien oder Start-ups.

Investitionen von Privatanlegerinnen und -anlegern in Spezial-AIF bedürfen aufsichtsrechtlich einer kritischen Betrachtung. Denn eigentlich müssen Verwaltungsgesellschaften verhindern, dass Anteile von Spezial-AIF an solche Personen vertrieben oder an diese übertragen werden. Geregelt ist dies in § 295 Absatz 1 Satz 3 bzw. § 277 KAGB. Die gesetzlichen Zugangsbeschränkungen gehen auf die Umsetzung der europäischen Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (AIFM-Richtlinie) zurück.

Wird Kleinanlegerinnen und -anlegern angeboten, mittelbar in Spezial-AIF zu investieren, werden diese Zugangsbeschränkungen umgangen. Dies funktioniert durch Konstruktionen, bei denen formal die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden: So wird der Anteil am Spezial-AIF nicht von den Kleinanlegerinnen und -anlegern selbst erworben, sondern von der Emittentin der Finanzanlagen (siehe Kasten). Der Sinn und Zweck der Zugangsbeschränkungen wird insbesondere dann ausgehebelt, wenn die mittelbare Investition wie beim Direktinvestment die Wertentwicklung des Spezial-AIF eins zu eins abbildet.

Spezial-AIF: Komplex und intransparent

Mittelbare Investitionen in Spezial-AIF sind komplex – schließlich handelt es sich um eine mehrstufige Investition in eine professionelle Anlageklasse. Investitionen in einen Spezial-AIF finden nicht nach allgemein geltenden Regeln statt, sondern hängen von individuell ausgehandelten Bedingungen ab. Das Informationsmaterial, das Anlegerinnen und Anlegern hierfür zur Verfügung gestellt wird, enthält zwangsläufig nicht alle Details der Anlage. Es beschränkt sich auf die Eckdaten. Für private Anlegerinnen und Anleger sind die Bedingungen damit zu wenig transparent.
Verlustrisiko bei mittelbaren Investitionen höher als beim Direktinvestment

Bisweilen werben Emittenten damit, dass Anlegerinnen und Anleger, die mittelbar investieren, geringere Risiken tragen würden als bei einer Direktinvestition. Das ist jedoch nicht der Fall: Zwar sollen Anlegerinnen und Anleger oft eins zu eins an den Gewinnen der Investition partizipieren, doch die Gewinne werden durch die zwischengeschaltete Gesellschaft und das zusätzliche Anlagekonstrukt verringert. Tatsächlich ist das Verlustrisiko bei mittelbaren Konstruktionen sogar noch höher als bei einem Direktinvestment. Da die Anlage selbst als auch das Investitionsprojekt erfolgreich sein müssen, tragen Anlegerinnen und Anleger die Risiken aus zwei hintereinandergeschalteten Investitionen.

Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht / Asset-Management der BaFin: „Zugangsbeschränkungen für bestimmte Anlageklassen dienen insbesondere dem Verbraucherschutz. Spezialfonds (Spezial-AIF) sind grundsätzlich nicht für Kleinanleger geeignet. Deshalb dürfen Finanzprodukte auch nicht so konstruiert werden, dass sie anlegerschützende Vertriebsvorschriften umgehen. Durch die Produktintervention kann die BaFin alle Finanzinstrumente verbieten, die erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz begründen.“

Was unternimmt die BaFin?

Wenn Anhaltspunkte für Anlegerschutzbedenken bestehen, eröffnet die BaFin ein Produktinterventionsverfahren. Sie prüft, ob die Bedenken die Schwelle zur Erheblichkeit überschreiten. Dabei kommt es maßgeblich auf die konkrete Ausgestaltung des Finanzinstruments an. Im Extremfall kann sie die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf der Produkte an Kleinanlegerinnen und Kleinanleger verbieten. Den Erlass einer Produktinterventionsmaßnahme gibt die BaFin auf ihrer Website bekannt. Rechtsgrundlage für eine Produktintervention ist Artikel 42 der Europäischen Finanzmarktverordnung (MiFIR) in Verbindung mit § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG).

Allerdings kommt eine Produktintervention nur als ultima ratio in Betracht. In der Praxis reicht es oft aus, wenn die BaFin ihre Bedenken gegenüber den jeweiligen Finanzdienstleistern äußert. Meist passen diese daraufhin ihr Produkt an oder ziehen ihr Angebot zurück.

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