Kryptomärkte: Was lernen wir aus den Turbulenzen?

18 September 2023
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Rupert Schaefer

Die globale Regulierung von Krypto-Assets ist auf dem Weg. Nun geht es vor allem um eine konsistente Umsetzung. Nur so können die Marktkräfte nachhaltige und echte Innovation hervorbringen. Es ist der Albtraum eines jeden Piloten: In seinem Luftraum bewegen sich Flugzeuge ohne Kennzeichen und ohne Funkverbindung. Sie befolgen keine Flugregeln. Der geordnete Luftverkehr und die Sicherheit der Passagiere sind in Gefahr. Was für den Luftraum gilt, kann auch auf die Finanzmärkte zutreffen: Manche Krypto-Assets und Decentralized-Finance-Projekte haben durchaus Ähnlichkeit mit nicht identifizierbaren Flugobjekten. Es wäre fahrlässig, sie einfach zu ignorieren. Wir als Finanzaufsicht sitzen im Tower. Wir müssen ihre Eigenschaften kennen, sie verstehen, ihre Route kennen und, wenn nötig, eingreifen. Nur so können wir einen sicheren und geordneten Flugverkehr gewährleisten. Dann können Marktteilnehmer langfristig auch von der Distributed-Ledger-Technology (DLT) profitieren.

Die Insolvenz der Kryptobörse FTX hat gezeigt, wie sich gravierende Defizite im Bordsystem auswirken. FTX war nicht der erste und wird nicht der letzte Kryptoanbieter sein, der abstürzt. Bisher ist das traditionelle Finanzsystem wenig betroffen. Das kann sich aber ändern, wenn immer mehr Finanzakteure auf dem Kryptomarkt aktiv sind und sich dadurch der Luftraum wandelt.

Deshalb brauchen wir klare und passende Regeln für Kryptomärkte. Nur dann schaffen wir Vertrauen in digitale Finanzangebote.

Für mehr Integrität und Anlegerschutz

In den vergangenen Monaten sind wir mit unseren internationalen Regulierungsbemühungen vorangekommen. Die Europäische Union hat mit der MiCA-Verordnung einen wichtigen Schritt getan, der weltweit Beachtung findet. Nun müssen noch technische Standards erarbeitet und erlassen werden, um die Verordnung umzusetzen.

Die Empfehlungen des Financial Stability Board (FSB) zu Krypto-Assets geben eine gemeinsame und global anwendbare Grundlage: Sie sind prinzipienorientiert, konzentrieren sich auf Finanzstabilitätsrisiken und ziehen wichtige Lektionen aus den vergangenen Turbulenzen und Skandalen.

Für mehr Integrität und Anlegerschutz auf den Kryptomärkten setzt sich die Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) ein. Sie hat im Mai dieses Jahres entsprechende Empfehlungen in der Policy Recommendations for Crypto and Digital Asset Markets veröffentlicht. Wir unterstützen diese. Nur so entsteht ein fairer und effizienter Markt.

Hinzu kommen die Anstrengungen der Financial Action Task Force, dem wichtigsten internationalen Standardsetzer zur Bekämpfung von Geldwäsche. Der neue internationale Aufsichtsstandard Prudential treatment of cryptoasset exposures des Basler Ausschusses soll für mehr Einheitlichkeit sorgen. Wir haben daran mitgearbeitet und begrüßen diesen ebenfalls.

Die internationalen Regulierungsprinzipien sind somit verabschiedet, der Rahmen ist gesteckt. Nun müssen die gemeinsamen Prinzipien auch weltweit konsistent und konsequent umgesetzt werden. Weiße Flecken im Flugradar darf es nicht geben: Auch auf Nischen-Finanzplätzen sollen die globalen Regeln gelten.

Für uns als BaFin ist klar: Nur wer ein plausibles Geschäftsmodell hat, ausreichend Startkapital und verlässliches Führungspersonal, bekommt von uns eine Erlaubnis. Wir nehmen die aufsichtlichen Standards ernst. Es darf nicht sein, dass Anbieter mit potentiell dubiosen Geschäftsmodellen und laxer Compliance von virtuellen Plätzen aus operieren. Nur dann schaffen wir gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen geordneten Luftraum, in dem sich alle Passagierinnen und Passagiere auch bei Langstreckenflügen sicher fühlen.

Der Autor, Rupert Schaefer, ist Exekutivdirektor Strategie, Policy und Steuerung bei der BaFin.

Bild : Rupert Schaefer, copyright Thomas Tratnik



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