Fusionskontrolle: Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Deutsche Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone

17 Februar 2023
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Die Europäische Kommission hat die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch die Deutsche Telekom AG, die Orange SA, die Telefónica S.A. und die Vodafone Group plc nach der EU-Fusionskontrollverordnung ohne Auflagen genehmigt. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die Transaktion keine Wettbewerbsbedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) aufwirft. Das Gemeinschaftsunternehmen wird eine Plattform zur Unterstützung der digitalen Marketing- und Werbeaktivitäten von Marken und Verlagen in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich anbieten. Vorbehaltlich der Zustimmung des Nutzers generiert das Gemeinschaftsunternehmen einen eindeutigen digitalen Code, der aus dem Mobilfunk- oder Festnetzvertrag des Nutzers abgeleitet wird. Der Code soll es Marken und Verlagen ermöglichen, Nutzer auf ihren Websites oder in ihren Anwendungen auf Pseudonym-Basis zu erkennen, in verschiedene Kategorien einzuordnen und Inhalte auf bestimmte Nutzergruppen abzustimmen.

Auf der Grundlage ihrer Marktuntersuchung stellte die Kommission fest, dass das Vorhaben in der angemeldeten Form auf dem französischen, dem deutschen, dem italienischen und dem spanischen Markt in folgenden Bereichen den Wettbewerb nicht erheblich einschränken würde: i) Bereitstellung digitaler Identifizierungsdienste für gezielte Werbung und/oder Webseiten-Optimierung, ii) Erbringung von Mobilfunkdiensten auf Endkundenebene, iii) Erbringung von Festnetz-Internetzugangsdiensten auf Endkundenebene, iv) Erbringung von audiovisuellen Dienstleistungen auf Endkundenebene und v) Bereitstellung von Online-Werbeflächen.

Bei ihrer Untersuchung prüfte die Kommission Folgendes:

* Vertikale Verbindung zwischen den Tätigkeiten der vier Unternehmen als Anbieter von Mobilfunk- und Internetzugangsdiensten auf Endkundenebene und den digitalen Marketing- und Werbedienstleistungen des Gemeinschaftsunternehmens: Die Unternehmen stellen dem Gemeinschaftsunternehmen einen digitalen Code zur Verfügung, über den es digitale Identifizierungsdienste für digitale Marketing- und Werbetätigkeiten erbringt. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass es auch nach der Transaktion weiterhin genügend alternative Anbieter solcher Vorleistungen gäbe. Ferner wären auch die Wettbewerber der Unternehmen in der Lage, dem Gemeinschaftsunternehmen und/oder konkurrierenden Anbietern digitaler Identifizierungsdienste Vorleistungen zu liefern.
* Vertikale Verbindung zwischen den Tätigkeiten der vier Unternehmen als Kunden von Display-Werbung und den Tätigkeiten des Gemeinschaftsunternehmens als Anbieter digitaler Identifizierungsdienste für gezielte Werbung und/oder Webseiten-Optimierung: Bei ihrer Prüfung gelangte die Kommission zu folgendem Ergebnis: i) Das Gemeinschaftsunternehmen wird nicht in der Lage sein bzw. keinen Anreiz haben, andere Werbetreibende und konkurrierende Anbieter von Mobilfunkdiensten durch Beschränkung ihres Zugangs zu digitalen Identifizierungsdiensten vom Markt auszuschließen, und ii) die Unternehmen wären nicht in der Lage, konkurrierende Anbieter digitaler Identifizierungsdienste vom Markt auszuschließen.
* Konglomerat-Verbindungen zwischen den Tätigkeiten der Unternehmen als Anbieter von Fernsehkanälen und den Tätigkeiten des Gemeinschaftsunternehmens als Anbieter digitaler Identifizierungsdienste für gezielte Werbung und/oder Webseiten-Optimierung: Die Kommission stellte fest, dass die Unternehmen weder die Möglichkeit noch den Anreiz hätten, Fernsehsender zu zwingen, die von dem Gemeinschaftsunternehmen angebotenen digitalen Identifizierungsdienste zu abonnieren, da der Kundenstamm für die beiden Produkte sich nur begrenzt überschneidet.

Schließlich stellte die Kommission fest, dass das Gemeinschaftsunternehmen angesichts der umfangreichen gemeinsamen Tätigkeiten, die die vier Unternehmen außerhalb des Gemeinschaftsunternehmens beibehalten werden, das Risiko abgestimmter Verhaltensweisen nicht erhöht.

Die Kommission gelangte deshalb zu dem Schluss, dass die Übernahme keine Wettbewerbsbedenken im EWR aufwirft. Daher gab sie den Zusammenschluss ohne Auflagen frei. Während ihrer Untersuchung stand die Kommission in Kontakt mit den Datenschutzbehörden. Die Datenschutzvorschriften sind unabhängig von der Freigabe des Zusammenschlusses in vollem Umfang anwendbar.

Unternehmen und Produkte

Die Deutsche Telekom mit Sitz in Deutschland ist ein multinationaler Telekommunikationsbetreiber und in über 50 Ländern, einschließlich Deutschland, tätig. Das Unternehmen bietet Mobilfunk- und/oder Festnetz-Telekommunikationsdienste sowie Internetzugangs-, Fernseh- und Technologiedienste an.

Orange mit Sitz in Frankreich ist ein multinationaler Telekommunikationsbetreiber und in über 27 Ländern weltweit tätig, darunter Frankreich und Spanien. Das Unternehmen bietet ein breites Spektrum elektronischer Kommunikationsdienste vor allem im Bereich der Festnetz- und Mobilfunkkommunikation und des Internetzugangs sowie der Telekommunikationsdienste für multinationale Unternehmen an.

Telefónica mit Sitz in Spanien ist ein multinationaler Telekommunikations- und Mobilfunknetzbetreiber, der vor allem in Europa – u. a. in Deutschland, Spanien und dem Vereinigten Königreich – sowie in Südamerika tätig ist und Mobilfunk-, Festnetz-, Internet- und Fernsehdienste anbietet.

Vodafone mit Sitz im Vereinigten Königreich ist ein multinationaler Telekommunikationsbetreiber und in über 21 Ländern weltweit tätig, vor allem in Europa – u. a. in Deutschland, Italien und Spanien – sowie in Afrika. Das Unternehmen bietet Mobilfunk- und Festnetztelefondienste sowie Fernseh- und Technologiedienste für Endkunden an.

Fusionskontrollvorschriften und -verfahren

Das Vorhaben wurde am 6. Januar 2023 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Die Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vgl. Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten EWR oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern würden.

Der weitaus größte Teil der angemeldeten Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Standardprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie das Vorhaben im Vorprüfverfahren (Phase I) genehmigt oder ein eingehendes Prüfverfahren (Phase II) einleitet.



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