Claudia Zimmermann

Claudia Zimmermann

Frankfurt ist ein Gewinner des Brexit

28 März 2017

Durch den Ausstieg Großbritanniens aus der EU wird Europas wichtigster Finanzplatz, London, an Bedeutung verlieren. Denn Banken, die weiterhin mit einem EU-Pass in der Union tätig sein wollen, müssen ihren Standort verlegen oder sich zusätzlich einen weiteren Standort innerhalb der EU suchen. Für viele Institute könnte da Frankfurt die erste Wahl sein, wie die Entwicklungen der vergangenen Monate zeigen.

Der Immobilienmarkt sendet eindeutige Signale aus: Waren die Neuvermietungen in Frankfurt mit 200.000 Quadratmetern Bürofläche pro Halbjahr in den vergangenen Jahren relativ stabil, so stieg der Flächenumsatz im zweiten Halbjahr 2016 um immerhin 75 Prozent auf nun 350.000 Quadratmeter. „Ein Teil der Anmietungen betrifft Flächen, die erst in den kommenden beiden Jahren an den Markt kommen werden“, erklärt Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance. „Daran sieht man, dass die ersten Institute bereits für die Zeit nach dem Brexit planen und eine Verlagerung ihres Standortes von London nach Frankfurt in die Wege leiten.“

Dass der Finanzplatz Frankfurt voraussichtlich zu den Gewinnern des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union zählen wird, darüber sind sich die Experten einig. „Schon jetzt gibt es sehr viele Gespräche, sehr viele Besuche von Vertretern ausländischer Institute und viel ganz konkretes Interesse an Frankfurt als künftigem europäischen Sitz“, so Väth.

Der Ausstieg aus der EU macht neue Standorte notwendig
„Entscheidend für das Ausmaß der Verlagerungen wird sein, inwieweit die Banken aus London heraus in Zukunft ihre europäischen Geschäfte tätigen können“, betont Ulrike Bischoff vom Research der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen in ihrem Finanzplatz Fokus „Brexit – Let‘s go Frankfurt“. Bisher agieren rund 5.500 in Großbritannien registrierte Institute mittels des sogenannten EU-Passes innerhalb der Europäischen Union. Wenn mit dem Brexit der uneingeschränkte Zugang zum EU-Binnenmarkt und damit auch das Privileg der EU-Passrechte verloren gehen wird, werden sich die Institute nach einem neuen Standort innerhalb der Union umsehen.

„Um als Institut einen EU-Pass in einem anderen Mitgliedsland wie beispielsweise Deutschland zu erhalten, ist von der Einreichung der Unterlagen bei der Aufsichtsbehörde bis zur Zulassung eine Zeitspanne von mindestens einem Jahr einzukalkulieren“, so Bischoff. Kein Wunder also, dass die Institute noch vor der Einreichung des Ausstiegsantrags der Britischen Regierung aktiv werden. In der zweijährigen Übergangsfrist bis zum endgültigen Austritt kann bereits der Auf- oder Ausbau von Büros an einem anderen Finanzplatz Europas stattfinden.

Dass es jedoch nicht reicht, nur ein paar Büros anzumieten und einen Briefkasten aufzuhängen, machte Ende Januar die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht deutlich. „Ausländische Banken sind willkommen. Wir erwarten allerdings auch, dass sie tatsächlich hierher kommen“, so Peter Lutz, Vize-Chef der BaFin nach einem Treffen mit 50 Vertretern von rund 25 internationalen Banken in Frankfurt. Zumindest der Vorstand und wichtige Teile des Risikomanagements müssten dann in Deutschland angesiedelt sein.

Frankfurt als Hauptstadt der Finanzaufsicht

Obwohl auch andere Städte wie Dublin, Paris oder Luxemburg um die künftige Rolle als wichtigster EU-Finanzplatz konkurrieren, hat die Mainmetropole einen großen Vorteil: In seiner Funktion als europäische Aufsichtsmetropole ist Frankfurt der prädestinierteste Standort für die European Banking Authority (EBA), die nach dem Brexit nicht länger in London bleiben kann.

Gut möglich, dass einige Banken bei ihrer Suche nach einem neuen Standort die Nähe zur Aufsicht vorteilhaft finden – und dann Frankfurt den Vorzug geben. Die steigenden Vermietungszahlen sind dafür jedenfalls schon mal ein Indiz.

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