Chinas Probleme im Übergang

20 November 2015

Nach Einschätzung von Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management, könnte sich das Wachstum in China erst ab dem ersten Quartal 2016 stabilisieren: Bis dahin dürften die wirtschaftspolitischen Programme greifen; zudem ist zu erwarten, dass sich der Wohnimmobilienmarkt wieder erholen wird.

Waren noch in den Sommermonaten die Ängste vor einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft das beherrschende Thema an den Kapitalmärkten, so hat diese Befürchtung der Investoren zuletzt deutlich nachgelassen. Gründe hierfür dürften die relativ stabilen Konjunkturdaten im Oktober sein sowie ein wieder gestiegenes Vertrauen in die geld- und fiskalpolitischen Schritte der Regierung. Trotz alledem befindet sich die chinesische Wirtschaft noch immer in einer Phase nachlassender Wachstumsdynamik.

Die gegenwärtigen Wirtschaftsprobleme Chinas lassen sich laut Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management, auf einen Kernpunkt reduzieren: Obwohl die Kreditvergabe in China stabil mit 15 Prozent pro Jahr wächst, verlangsamt sich das Wachstum des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bereits seit mehreren Jahren. Das bedeutet, dass sich mit einem Kredit heutzutage deutlich weniger Wirtschaftswachstum erzielen lässt als in der Vergangenheit, sodass die Verschuldung in Prozent des BIP weiter steigt.

Gleichzeitig befindet sich China mitten in einem typischen Übergang von einem alten Wachstumsmodell (basierend auf Investitionen – vor allem in der Schwerindustrie) zu einem neuen Wachstumsmodell (basierend auf dem Dienstleistungssektor und dem Konsum). Der Übergang geht einher mit einem umfassenden Reformprozess, den die Regierung schon eingeleitet hat. Ob der Weg erfolgreich sein wird, ist noch offen, denn bisher mache die chinesische Regierung immer wieder zwei Schritte nach vorne (zum Beispiel die Einrichtung der Freihandels- und Reformzonen) und einen Schritt zurück (zum Beispiel die erheblichen Interventionen am Aktienmarkt).

„Unsere Zuversicht, dass der Übergang gelingen kann, wird dadurch bestärkt, dass Chinas breitdiversifizierte Volkswirtschaft auch mit exzellenten Wachstumschancen in neuen Industrien aufwarten kann“, betont Walk. So habe China in einigen Dienstleistungsbranchen wie E-Commerce (mit Internetfirmen wie Alibaba, Tencent und Baidu), alternative Energien (mit Schwerpunkten auf Solarenergie, Windkraft und Elektroautos) sowie Tourismus und Freizeit bereits zur Weltspitze aufgeschlossen. „Für einen erfolgreichen Wandel von Chinas Volkswirtschaft erachten wir es als entscheidend, dass es Chinas Regierung gelingt, durch einen anhaltenden Reformprozess die notwendigen Anreize für Investitionen in neue Industrien zu schaffen und durch einen ausreichend kapitalisierten Bankensektor die dafür notwendigen Finanzmittel bereitzustellen“, fasst Walk zusammen.

Quelle: Metzler Asset Management

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