Liquidität der Zentralbanken bedeutet Rückenwind für Anleihenmärkte

06 Mai 2016

Die von den Zentralbanken weltweit weiterhin zur Verfügung gestellte Liquidität sorgt an den Anleihenmärkten für Rückenwind. Denn laut Robert Michele, Chief Investment Officer der Global Fixed Income, Currency & Commodities Group bei J.P. Morgan Asset Management, ist die aktuelle Untätigkeit der US-Notenbank (FED) faktisch eine Art der Lockerung – insbesondere bei Berücksichtigung der Zinserhöhungserwartungen, die noch vor ein paar Monaten bestanden haben.

„Die Zentralbanken – allen voran die Fed – haben uns mit ihren Maßnahmen deutlich gezeigt, dass sie weiterhin besorgt sind über die negativen Rückkopplungseffekte der Entwicklung an den Finanzmärkten auf Verbrauchervertrauen, Wirtschaftswachstum und Inflationserwartungen“ unterstreicht Robert Michele, Chief Investment Officer der Global Fixed Income, Currency & Commodities Group bei J.P. Morgan Asset Management. Angesichts der erneuten Zurückhaltung der US-Notenbank bei ihrer gestrigen Sitzung sei in den USA für den Jahresverlauf weiterhin eine weitere Zinserhöhung zu erwarten und von einer Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen am Jahresende zwischen 1,75 und 2 Prozent auszugehen.

In seinem vierteljährlichen Marktausblick betont Michele, dass zwar noch nicht von einer Rezession auszugehen ist, aber eine Konjunkturverlangsamung bereits deutlich zu spüren sei. Auch wenn das Wachstum der Industrieländer sich nahe dem Trendniveau bewegt, werde dieses jedoch durch die nach wie vor schwächere Konjunktur in den Schwellenländern gebremst. Selbst in den Industriestaaten fielen einige der jüngsten Konjunkturindikatoren enttäuschend aus. Hinzu kommt die rückläufige Entwicklung der Trendwachstumsrate, da das Wachstumspotenzial sowohl durch eine geringere Produktivität als auch durch eine alternde Bevölkerung begrenzt ist.

„Unsere eigenen Indikatoren deuten jedoch darauf hin, dass die kurzfristige Wahrscheinlichkeit einer Rezession, obwohl sie aus unserer Sicht gestiegen ist, lediglich bei 20 Prozent liegt“, betont Michele. So ist das Basisszenario, dass sowohl das globale Wachstum als auch die Inflationsentwicklung unter Trend liegen werden.

Obgleich eine Rezession nicht unmittelbar bevorsteht, ist sie laut Michele irgendwann unausweichlich – die Wahrscheinlichkeit erhöht sich mit Blick auf das Jahr 2017. „In den Jahren nach der weltweiten Finanzkrise wurde eine Reihe neuer, nicht nachhaltiger Überschüsse produziert, beispielsweise die Verschuldung in den Schwellenländern. Das Niveau der Kredite im Privatsektor und der Bruttoanlageinvestitionen in China ist weit von dem der Industrieländer entfernt und wird in naher Zukunft weiter steigen. Ein Abbau dieser Überschüsse wird Jahrzehnte dauern“, erläutert der Experte. Und auch abseits der Schwellenländer gebe es Überkapazitäten, seien es die Investitionen im Schieferölsektor oder der Bankensektor, der weiter schrumpfen müsste, um seine Profitabilität zurück zu erlangen.

Ein weiterer aktueller Risikofaktor bleibe China, denn es ist noch nicht klar, ob die Institutionen in der Lage sein werden, eine weiche Landung der Wirtschaft herbeizuführen und gleichzeitig den Weg in Richtung freie Kapitalflüsse weiterzugehen. Mit Blick auf die Jahresmitte steigen auch die politischen Risiken sowohl in Großbritannien als auch in den USA: „Die Abstimmung in Großbritannien über einen potenziellen Brexit im Juni und die Präsidentschaftswahlen in den USA im November können zu einer erhöhten Risikoaversion und steigender Marktvolatilität führen. Dennoch schätzen wir das Risiko einer Krise als verhältnismäßig gering ein“, so Michele.

Herausforderungen für Anleger

Michele betont: „Wir sind uns bewusst, dass 2016 für Investoren im Anleihenmarkt weiterhin kein einfaches Jahr sein wird: Die Zentralbanken zwingen uns in die Abhängigkeit von politischen Entscheidungen, die günstigen Renditeniveaus vom Jahresanfang sind zum großen Teil wieder aufgeholt, und die Liquidität bleibt in einigen Teilmärkten gering. Dennoch sind die Rahmenbedingungen weiterhin grundsätzlich positiv für Anleihen, denn die weltweite Konjunktur kühlt sich moderat ab und Investoren sitzen weiterhin auf großen Beständen an Barmitteln auf der Suche nach positiven Erträgen.“

Für den Experten sind nach wie vor Hochzinsanleihen – insbesondere aus Europa – attraktiv: Die Renditen europäischer High Yields erscheinen zwar auf den ersten Blick niedriger als im US-Markt, aber bei genauerer Betrachtung sind die Spreads durchaus vergleichbar mit denen in den USA und werden sich aller Voraussicht nach weiter einengen. Darüber hinaus wird das Wachstum in Europa eine Verbesserung der Fundamentaldaten und damit mögliche Bonitätsheraufstufungen von Emittenten unterstützen.

Inzwischen sei auch die Ausweitung der Spreads in den USA, die bis in den Februar hinein zu beobachten war, vollständig wettgemacht worden. Die derzeitigen Risikoprämien des US-Hochzinsmarktes sind aber immer noch ordentlich und kompensieren deutlich die potenziellen Ausfälle, die gestiegene Volatilität und die geringere Liquidität. Besondere Vorsicht sei immer noch in den Bereichen Energie, Metalle und Bergbau angebracht, auch wenn hier die Erholung der Hochzinsmärkte natürlich besonders deutlich wurde.

„Entscheidend bei Hochzinsanleihen ist – wie in anderen Spread-Märkten auch – zu wissen, wann man das Risiko herausnehmen muss. Je weiter das Jahr voranschreitet, umso mehr achten wir auf Anzeichen einer möglichen Übertreibung und darauf, ob die Abwärtsrisiken allmählich die Ertragschancen überwiegen“, so Michele.

Flexibel positioniert bleiben

Mit einer breit diversifizierten, globalen und flexiblen Positionierung ist es auch in dieser späten Phase des Kreditzyklus möglich, Erträge zu generieren. Ein benchmarkunabhängiges Konzept, das variabel in Sektoren oder Regionen mit dem attraktivsten risikoadjustierten Ertragspotenzial investiert, bietet dabei Diversifizierungspotenzial, erhöht die Chance auf höhere Erträge und bietet einen potenziellen Schutz gegenüber Abwärtsbewegungen.

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