Kosten für eine Verlagerung des Euro-Clearings in die EU fallen geringer aus als behauptet

01 Dezember 2017

Im Zuge des anstehenden Brexit stellt sich die Frage nach den Auswirkungen auf das Clearing der auf Euro lautenden OTC-Derivate. Mehr als 90 Prozent dieses Geschäftes wird bislang über LCH Clearnet, eine Tochtergesellschaft der London Stock Exchange (LSE), abgewickelt. Allein das derzeit ausstehende Geschäftsvolumen für Euro-OTC-Derivate liegt bei mehr als 80 Trillionen US-Dollar.
Aufgrund der wachsenden Bedeutung von sogenannten zentralen Gegenparteien (Central Counter Parties, CCP) für die internationale Finanzstabilität wird derzeit diskutiert, ob das Clearing von Euro-OTC-Derivate-Transaktionen mit EU-basierten Unternehmen künftig zwingend in der Europäischen Union erfolgen muss. Denn im Falle einer Schieflage eines CCP wäre die EZB voraussichtlich gezwungen, entsprechende Euro-Liquidität zur Stabilisierung eines solchen CCPs bereitzustellen.
Zur Sicherung der europäischen Finanzstabilität wäre also eine direkte Aufsicht systemrelevanter CCPs seitens der EZB zwingend erforderlich. Dies hätte zur Konsequenz, dass ein Teil dieses Geschäftes von der in London sitzenden LCH auf ein CCP in der EU verlagert werden müsste. Gegner einer solchen Relokation führen in unterschiedlichen Studien die damit verbundenen enormen Kosten an, die nach einem Positionspapier der London Stock Exchange bis zu 100 Milliarden Dollar betragen könnten.
Das Center for Financial Studies (CFS) an der Goethe-Universität Frankfurt hat die bislang vorliegenden Studien analysiert und eine eigene Berechnung der Verlagerungskosten vorgenommen. Das CFS kommt zu dem Ergebnis, dass die Kosten rund 0,6 Mrd. Dollar jährlich beziehungsweise runs 3,2 Milliarden Dollar für einen Zeitraum von fünf Jahren betragen werden.
„Durch die Fragmentierung der Märkte kann es zwar temporär zu einer Kostensteigerung kommen. Aber die von der LSE genannten Kosten von bis zu 100 Milliarden Dollar sind nicht nachvollziehbar und viel zu hoch angesetzt“, erläutert Proessor. Dr. Volker Brühl, Autor der Studie. „Legt man realistischere Prämissen zugrunde, dürften die Kosten für einen Zeitraum von fünf Jahren deutlich niedriger liegen. Mögliche Einspareffekte von Asset-Management-Gesellschaften infolge der Relokation sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.“
„Angesichts der großen Bedeutung von CCPs für die europäische Finanzstabilität ist aus meiner Sicht eine Verlagerung in die EU unverzichtbar“, so Brühl. „Die damit verbundenen Kosten sind nur vorübergehend und von der Größenordnung her vernachlässigbar, insbesondere wenn man sie ins Verhältnis zu dem dahinter stehenden Trillionen-Markt setzt.“
Quelle: Center for Financial Studies (CFS)

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