Hot Spots in der deutschen Bankenlandschaft

28 März 2019
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Vortrag des Exekutivdirektors Bankenaufsicht, Raimund Röseler, am 22. März 2019 auf der zeb.Uni 2019 in Münster.

es gilt das gesprochene Wort.

Meine Damen und Herren,

als ich Ihre Anfrage bekam, ob ich auf dieser Veranstaltung sprechen möchte, habe ich nicht lange gezögert. Gern nehme ich Gelegenheiten wahr, die mich etwas über meinen Tellerrand hinausschauen lassen.

Vortrag des Exekutivdirektors Bankenaufsicht, Raimund Röseler, am 22. März 2019 auf der zeb.Uni 2019 in Münster.

es gilt das gesprochene Wort.

Meine Damen und Herren,

als ich Ihre Anfrage bekam, ob ich auf dieser Veranstaltung sprechen möchte, habe ich nicht lange gezögert. Gern nehme ich Gelegenheiten wahr, die mich etwas über meinen Tellerrand hinausschauen lassen.

„Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.“ Das hat Antoine de Saint-Exupéry gesagt.

Ich denke, zeb trägt dazu genauso bei auch die BaFin. Wir können alle nicht in die Glaskugel schauen. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Aber Sie bei zeb beraten Ihre Mandanten und Sie machen sie fit für die Zukunft. Und auch die BaFin schaut, dass die Aufsichtsobjekte ein gutes Geschäftsmodell haben, das sie sicher in die Zukunft trägt. Wir haben also in gewisser Weise auch gleichlaufende Interessen.

Wir leben in einer Zeit des Umbruchs und neuer Entwicklungen. Es wäre langweilig, wenn es nicht so wäre. Für Sie als Berater und auch für mich als Bankenaufseher, bedeuten diese Entwicklungen viele Neuerungen: bei den Banken, im Markt und auch bei uns selbst. Das macht unseren Job spannend, aber auch herausfordernd.

Wie Sie sich vorstellen können, mangelt es uns an Themen derzeit nicht. Natürlich sind die Banken und damit die Bankenaufsicht vom Brexit betroffen. Und natürlich machen auch uns als nationaler Bankenaufseher potentielle Krisen in anderen europäischen Ländern – ich nenne hier nur mal das Stichwort Staatshaushalt Italien – Sorgen. Die nächste halbe Stunde möchte ich mich aber auf ganz konkrete bankaufsichtliche Themen fokussieren. Die für mich wichtigsten Themen habe ich Ihnen quasi als Short List mitgebracht. In alter Berater-Manier habe ich die einzelnen Themen Hot Spots genannt.

Aus Sicht mancher Bank wäre vermutlich auch der Begriff threats, also Bedrohungen, passend

 

Die derzeit brennenden Themen sind meiner Meinung nach:

  • Erstens, die Digitalisierung
  • Zweitens, die notwendigen Anpassungen des Bankgeschäfts
  • Drittens, mutmaßlich erodierende Kreditvergabestandards
  • Viertens, das Thema nicht steuerrechtskonforme Geschäfte
  • Fünftens, sustainable finance
  • und schließlich sechstens, angemessene Regulierung.

Der Hot Spot 1, Digitalisierung, hat natürlich viele Facetten

Wenn man über die Folgen der Digitalisierung redet, dann muss man natürlich auch über IT-Sicherheit und Cyber Crime sprechen. Durch Digitalisierung gibt es eine Menge neuer Möglichkeiten für Banken. Es gibt aber eben auch die Gefahr, dass Daten entwendet oder missbraucht werden. Wenn jemand einer Volkswirtschaft schaden will, dann sind Banken ein logischer Angriffspunkt. Bereits jetzt sehen wir eigentlich fast täglich Cyber-Angriffe auf das Bankensystem. Und bereits jetzt sehen wir regelmäßig Schwachstellen in der IT von Banken. Aber stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn morgen die Konten bei einer großen Bank alle auf Null ständen. Oder wenn in Deutschland für mehrere Tage keine Zahlungen mehr möglich wären. Das hätte Auswirkungen auf die Finanzstabilität.

Für Banken ist daher die Sicherheit und Funktionsfähigkeit von IT-Systemen überlebensnotwendig. Und natürlich ist dies auch ein Thema, das von uns als Bankenaufseher adressiert werden muss.

Im letzten Jahr haben wir deshalb in der BaFin eine Gruppe gegründet, die sich der IT-Aufsicht bei Banken widmet. Dazu gehört zum Beispiel auch Grundsatzarbeit zu Cybersicherheit. Die BaFin ist Teil von nationalen und internationalen Gremien und Arbeitsgruppen, die die künftigen Standards und Regelwerke in diesem Bereich erarbeiten. Und diese Regelwerke bestimmen dann maßgeblich die Aufsichtstätigkeit. Auch national wirkt die BaFin als Standardsetzer und Regulierer an Richtlinien, Gesetzen und Verordnungen mit, die sich dem Thema IT-Sicherheit bei Banken widmen.

Die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen in dieser Gruppe der BaFin hat ganz praktische Bezüge. Aktuell nehmen wir zum Beispiel an der G7-Cyberübung teil. Mit dieser Übung testen wir, ob die Kommunikation zwischen den verschiedenen involvierten Stellen im Falle von großen Cyberzwischenfällen funktioniert – und das fast weltweit. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass sich hier eine Menge Institutionen in verschiedenen Ländern kurzfristig austauschen müssen.

Neben den Grundsatztätigkeiten ist diese Einheit aber auch ganz operativ tätig. Hierzu gehört zum Beispiel die Durchführung von IT-Prüfungen. Die BaFin und die Bundesbank prüfen verstärkt die IT-Sicherheit bei Banken. Und wie immer, wenn wir was prüfen: wir finden dann auch was. Um genauer zu sein: es gibt eigentlich keine Bank, bei der wir mit der IT-Sicherheit vollständig zufrieden sind. Und es gibt so manche Bank, bei der wir auch richtig unzufrieden sind. Um es einmal in Schulnoten auszudrücken: der Durschnitt dürfte bei der Note vier liegen. Es gibt aber auch schon mal eine Fünf oder Sechs.

Durch den Einzug neuer Techniken gibt es eine neue Kategorie von relativ neuen Marktakteuren: Zahlungs- und E-Geld Institute. Die Zahlungsdiensterichtlinie PSD 2 hat zudem dazu geführt, dass Anbieter, wie Kontoinformationsdienste oder Zahlungsauslösedienste nunmehr der Finanzaufsicht unterliegen. Diese Institute müssen von der BaFin zugelassen werden. Aktuell hat eine deutliche zweistellige Zahl einen Antrag auf Zulassung gestellt. Wir gehen davon aus, dass diese Anbieter den Wettbewerb im Zahlungsverkehr weiter forcieren werden.

Eine andere Facette im Zusammenhang mit der Digitalisierung ist das Thema Outsourcing: Viele Banken nutzen Softwaremodule oder Apps und bedienen sich diverser Cloudlösungen – das ist nichts anderes als eine Auslagerung. Und dies ist erst mal durchaus nicht negativ. Auch mir als Bankenaufseher ist es ja durchaus recht, wenn statt einer vielleicht veralteten eigenen IT ein professioneller Servicer mit erprobten und zuverlässigen Systemen genutzt wird. Hier entsteht aber auch ein neues Konzentrationsrisiko. Wenn viele Banken den gleichen Cloudanbieter nutzen – und davon gibt es ja keine so große Anzahl – dann hätte der Ausfall eines solchen Anbieters möglicherweise systemweite Auswirkungen. Wir machen uns verstärkt Gedanken, was passiert, wenn die Amazons und Microsofts dieser Welt ausfallen sollten oder schlicht kein Interesse mehr am deutschen Bankenmarkt hätten. Das Ganze könnte sich dann zu einer systemweiten Problematik ausweiten. Wir haben uns gefragt: Was kann die Aufsicht in einem solchen Fall tun? Das Problem ist, dass die IT-Dienstleister in der Regel nicht unter unserer Aufsicht stehen. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Outsourcing Regeln auf den Prüfstand gestellt und klargestellt: Die Nutzung von Clouds ist Outsourcing. Und daher gelten für das outsourcende Unternehmen gewisse Vorgaben.

Die von uns beaufsichtigten Institute müssen die mit der Auslagerung verbundenen Risiken steuern können. Das heißt, sie müssen sicherstellen, dass sie die notwendigen Informationen von ihrem Dienstleister erhalten. Sie müssen in der Lage sein, nicht nur die ausgelagerten Aktivitäten und Prozesse zu prüfen, sondern auch die zugrundeliegenden Kontrollprozesse. Die IT-Dienstleister müssen den Banken hierfür ein uneingeschränktes Prüfrecht einräumen.
Uns ist aber auch klar: dieser Ansatz alleine reicht nicht aus. Wenn wir heute z.B. die Sicherheit einer Cloud-Lösung prüfen wollen, dann ist unser Aufsatzpunkt die Bank. Das heißt wir nutzen die Bank, um die Systeme eines Cloudanbieters zu prüfen. Und unsere Findings adressieren wir dann bei der Bank, die für die Abarbeitung der Mängel verantwortlich ist. Sie können sich vorstellen: Wenn die Bank relativ klein ist und der Serviceprovider Amazon, Microsoft oder Google heißt, dann wackelt hier der Schwanz mit dem Hund. Wir überlegen daher sehr konkret, hier unseren Ansatz zu ändern, um einen direkteren Zugriff auf den Dienstleister zu bekommen. Sicher: wir wollen weder Microsoft noch Google beaufsichtigen, aber wir wollen Mängel direkt bei diesen Unternehmen adressieren.

Eine andere Facette der Digitalisierung ist die Qualifikation der Vorstände. Ich finde es wichtig, dass zum Beispiel ein IT-Vorstand einer Bank bestimmte Qualifikationen aufweist, die für seine Tätigkeit relevant sind. In der Vergangenheit haben wir für Vorstände vor allem Kenntnisse in traditionellen Bereichen des Bankgeschäfts vorausgesetzt. Dahinter stand der Ansatz, dass ein künftiger Vorstand auch schon mal die Möglichkeit gehabt haben sollte, richtig Geld zu verbrennen. Und dies war vor allem im Kreditgeschäft möglich. Nun wissen wir, dass nicht nur im klassischen Bankgeschäft richtig Geld verbrannt werden kann. Auch Schwächen in der IT können eine Bank in existentielle Schwierigkeiten bringen. Daher sind wir nun bereit, für spezialisierte IT-Vorstände die Wartezeit bzw. die Dauer der „Ehrenrunde“ auf 6 Monate zu verkürzen – wenn alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Ich könnte mir vorstellen, dass wir in Zukunft noch weitere Schritte in diese Richtung gehen.

Hot Spot 2 ergibt sich teilweise aus der bereits geschilderten Thematik und ich nenne diesen Hot Spot „Anpassung des Bankgeschäfts“

Wir sehen eine rasante Entwicklung. Die technischen Möglichkeiten führen dazu, dass sich die Geschäftsmodelle ändern, die Banken strukturieren sich um. Die Kosten und Erträge verschieben sich in andere Kategorien. Der Kontakt zum Kunden ändert sich. Ist dieser bis vor einigen Jahren vor allem in der Bankfiliale vor Ort aufgeschlagen, so bedient der Kunde heute eine App auf seinem Handy. Die Bank ist nicht mehr der nette Herr, die nette Dame am Schalter, sondern ein gut bedienbares und nutzerfreundliches Programm. Als ich früher meine ersten beruflichen Erfahrungen in einer Bank machte, hieß es noch: „Banking is people“. Heute heißt es: „Banking is technology“.

Diese Entwicklungen bedeuten eine Änderung der Ertrags- und Kostenstruktur der Banken. Zum einen entstehen neue Kosten, vor allem Initialkosten, für die Auslagerung einiger Dienstleistungen. Gleichzeitig sparen die Banken durch die zunehmende Digitalisierung auch Kosten ein. Auf der anderen Seite hat sich die Zinsmarge – und die ist für die allermeisten Banken in Deutschland die nach wie vor wichtigste Ertragsquelle – in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Und daran ist nicht nur die aktuelle Zinspolitik der EZB schuld, dieser Trend besteht seit mehr als 30 Jahren. Die Banken versuchen durch das Angebot zusätzlicher Dienstleistungen Erträge zu generieren. Und das in einem hoch kompetitiven Umfeld.

Die Aufsicht muss diese Strukturen bei der Risikobewertung berücksichtigen. In Zukunft werden wir mehr Zeit für die Analyse von Geschäftsmodellen aufwenden. Und wir wollen wissen, wie die Banken die Herausforderungen der Zukunft lösen möchten.

Dabei dürfen wir eines nicht aus den Augen verlieren: Das klassische Bankgeschäft hat sich zwar verändert, ist im Kern aber gleichgeblieben. Die neuen Player auf dem Markt müssen, bei allem Sinn für Technik und Innovation, das Bankgeschäft beherrschen. Ich habe neulich mit der Geschäftsleitung einer innovativen und stark wachsenden Bank gesprochen. Der Vorstand sprach davon, dass die Bank richtiggehend „Fans“ habe. Sie wird in den sozialen Medien auch regelrecht gehyped. Trotzdem handelt es sich im Kern um das klassische Geschäft einer Bank, die Einlagen annimmt und diese reinvestiert. Dieses klassische Bankgeschäft muss eine Bank können. Die technischen und technologischen Möglichkeiten, die nutzerfreundlichen Apps und die ansprechende Website können dieses Geschäft verändern und erleichtern – ja. Aber im Kern geht es um Banking. Ich kann Ihnen versichern, wir schauen uns solche Banken sehr genau an, bevor wir „Fans“ werden.

Als Hot Spot 3 sehe ich das Thema Kreditvergabestandards

Wir haben Sorge, dass die Banken ihre Anforderungen an die Bonität eines Kreditnehmers oder die Qualität der Kreditsicherheit aufweichen. Da im Markt viel Liquidität angeboten wird, aber es eine begrenzte Nachfrage nach Krediten gibt, hat manch eine Bank einen Anreiz, Kredite aggressiv und zu besonders guten Konditionen zu vergeben. Und zwar zu Konditionen, die das Risiko nicht adäquat abbilden. In der Folge drohen hohe Risiken auf den Bilanzen der Banken, die nicht durch entsprechende Risikovorsorge gedeckt sind. Viele Gespräche mit Marktakteuren scheinen unseren Verdacht zu bestätigen. Und zwar vor allem im Geschäft mit mittelständischen Kunden. Eine große Zahl von Banken bestätigt mir, dass gerade hier eine massive Erosion von Kreditvergabestandards zu beobachten ist. Financial Covenants existieren gar nicht mehr oder werden zumindest stark aufgeweicht. Vor kurzem berichtete mir ein Bankvorstand, dass ein Kreditkunde den Verzicht auf das AGB Kündigungsrecht verlangt habe. Nachdem man diesem Verlangen nicht nachgegeben habe, habe der Kunde problemlos eine neue Bank gefunden, die dazu bereit war. Und von anderer Seite hörte ich, dass man als Bedingung für einen Kredit immer einen EBITA-Multiplikator von max. 6 für die Verschuldung des Unternehmens akzeptiert habe. Nun sei aber EBITA nicht mehr das, was zumindest ich noch im Lehrbuch gelernt habe, sondern würde im Kreditvertrag neu definiert oder adjustiert.

Bisher beschränken sich unsere Erkenntnisse hierzu auf anekdotische Evidenz und es existiert keine Datengrundlage, um diese Theorie auch empirisch zu validieren. Die BaFin wird daher gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank die notwendigen Daten hierfür erheben. Im April wird es eine Umfrage geben, die die Kreditvergabestandards bei ca. 100 ausgewählten deutschen Banken erfragt.

Wir möchten wissen, wie es um die Banken steht. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Uns treibt nicht die Sorge, dass die Banken reihenweise in die Knie gehen. Aber wir haben Sorge, dass zum Beispiel ein harter wirtschaftlicher Abschwung verstärkt für Kreditausfälle sorgt und für einige Banken zum großen Problem wird. Insgesamt geraten immer mal wieder Banken in Schwierigkeiten. Ich verweise hier gern auf die stets gut informierte Presseberichterstattung. Und die Anzahl solcher Banken dürfte im nächsten Abschwung steigen.

Wir haben daher in der BaFin in diesem Jahr eine Abteilung gegründet, die sich mit aufsichtlichen Problemfällen beschäftigt. Die Idee ist, die problematischen Banken in eine engere, intensivere Aufsicht zu überführen. Sie kennen dies aus Banken, die ebenfalls eine eigene Einheit für notleidende Kredite geschaffen haben. Diese Banken bekommen innerhalb der BaFin einen neuen Ansprechpartner und sie wissen „Jetzt wird es ernst“. Wir haben in dieser Abteilung das Krisen-Knowhow zusammengezogen und die Kollegen können dann im Zweifel schneller und effizienter reagieren. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir haben kein Lazarett aufgebaut, weil wir glauben, den deutschen Banken geht es so schlecht. Aber vor dem Hintergrund der niedrigen Zinsen und des hohen Wettbewerbs sehen wir doch die Gefahr, dass die eine oder andere Bank Probleme bekommen könnte. Und die Aufsicht muss auf diese Probleme reagieren können.

Hot Spot 4: Ein ganz anderes Thema, das mir unter den Nägeln brennt, dürfte Sie auch interessieren

Wie Sie sicherlich wissen, gibt es einige aktuelle Themen, die sich an der Schnittstelle zwischen Aufsicht und Steuerrecht bewegen. Richtig interessant wird es, wenn der Weg zum Strafrecht begangen wird. Die Themen Cum-Ex, ADR und sämtliche andere mögliche Steuervermeidungsgeschäfte sind immer wieder in den Medien präsent und ein Thema of high level attention. Ich möchte in diesem Zusammenhang gern die Gelegenheit nutzen und vielleicht ein paar Dinge klarstellen. In den Medien wird der Aufsicht gelegentlich vorgeworfen, die Steuervermeidungstricks der Banken nicht ausreichend zu beleuchten und zu ahnden. Nun – wir sind keine Steuerbehörde und wir sind auch keine Strafverfolgungsbehörde. Nur die Steuerbehörden können einschätzen, ob es sich bei bestimmten Geschäften um Steuerstraftaten handelt. Sollte die BaFin belastbare Anhaltspunkte für Steuerstraftaten erkennen, meldet sie diese Fälle selbstverständlich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde zur weiteren Untersuchung. Dies dürfen wir allerdings erst seit einer Gesetzesänderung 2015. Seither melden wir sehr aktiv solche Vorfälle an die zuständigen Behörden. Wir haben d den gesamten Aktenbestand mit sämtlichen relevanten steuerstrafrechtlichen Sachverhalten im Zusammenhang mit CumEx Geschäften analysiert und aufbereitet. Alle Umstände, die steuerstrafrechtlich relevant sein können, haben wir seitdem fortlaufend an die Steuerbehörden weitergegeben.

Ich kann Ihnen versichern, dass mich als Steuerzahler diese Geschäfte genauso ärgern wie Sie. Es kann nicht sein, dass das System und geltende Gesetze derart ausgelegt werden, dass sich fast risikolos und auf Kosten anderer Profit generieren lässt.

Auch als Aufseher hat mich das Thema natürlich beschäftigt. Ich kann Ihnen versichern, dass die BaFin im Rahmen ihrer Möglichkeiten aufsichtlich aktiv wird. Wir verfügen über eine ganze Reihe von Mitteln, die wir einsetzen können. Dazu zählen die Einsetzung von Sonderbeauftragten, zusätzliche Auflagen, die Abberufung verantwortlicher Vorstände, die Untersagung von Stimmrechten usw. Und alle diese Instrumente haben wir auch schon genutzt. Nur, wie bereits gesagt, die Aufsicht ist keine Steuerbehörde und auch keine Strafverfolgungsbehörde. Für die steuerliche Bewertung oder eine strafrechtliche Beurteilung sind wir auf die jeweils zuständigen Stellen angewiesen. Und wir arbeiten mit diesen Stellen auch intensiv zusammen und tauschen uns aus.

Hot Spot 5 ist für mich Sustainable Finance

In den letzten 20 Jahren gab es 18 der heißesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Unter dem Pariser Klimaabkommen ist die EU bis 2030 zu einer Emissionsreduzierung um 40% gegenüber dem Jahr 1990 verpflichtet. Ich glaube, dies setzt einen nie dagewesenen Umstellungsprozess der Wirtschaft voraus. Und ich behaupte: Der Klimawandel und die Energiewende werden große Auswirkungen auf die europäische Finanzindustrie haben. Sowohl der Klimawandel als auch unsere ehrgeizigen Klimaziele werden sich auf die Risiken in den Bankbilanzen auswirken. Das Kreditrisiko erhöht sich, wenn zum Beispiel ein Stromerzeuger nach Verteuerung von Emissionsrechten Insolvenz beantragen muss. Das Marktrisiko erhöht sich, wenn beispielsweise ein Automobilhersteller einen Kurseinbruch erleidet, weil er keine Verbrennungsmotoren mehr verkauft. Das operationelle Risiko erhöht sich, wenn der Amazon Server wegen Überflutung unter Wasser steht. Trotz dieser Risiken, glaube ich dennoch, dass es auch eine Menge positiver Aspekte gibt. Denn die Klimaziele müssen auch finanziert werden und hier können die Banken eben auch mitspielen.

Wir als Aufsicht möchten darauf hinwirken, dass Banken materielle Umwelt- und Klimarisiken explizit im Risikomanagement berücksichtigen. Im Kreditwesengesetz gibt es in § 25a die Anforderung, nachhaltige Geschäftsstrategien zu entwickeln. Ebenso legt der Paragraph fest, dass alle wesentlichen Risiken zum Beispiel bei der Kreditvergabe einzubeziehen sind. Die BaFin hat diese Anforderungen auch noch einmal in einschlägigen Rundschreiben und Auslegungshilfen konkretisiert. Wir wollen das Thema noch weiter forcieren. Dazu planen wir konkrete Empfehlungen im Bereich der ESG (also der environmental, social, governance) -Risiken für das Risikomanagement und unter Transparenz-Gesichtspunkten. Für die operative Aufsicht werden wir Prüfungshilfen erstellen und wir prüfen den Einsatz IT-basierter Tools, zum Beispiel den sogenannten „Klimarisiko-Scanner“.

Da wir wissen, dass dieses Thema nicht nur Banken, sondern z.B. auch verstärkt Versicherer trifft, hat die BaFin ein internes, sektorübergreifendes Netzwerk eingerichtet. Dieses stärkt das Problembewusstsein in den Geschäftsbereichen, erleichtert den Informationsaustausch und sichert die sektorübergreifende Beantwortung von externen Anfragen.

Aktuell laufen die Planungen für eine öffentlich bereits angekündigte BaFin-Konferenz zur Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft, die am 09. Mai 2019 im Umweltforum in Berlin stattfinden wird.

Hot Spot 6: Regulierung

Sie sehen, die Umbrüche und Entwicklungen, von denen ich zu Beginn sprach, zeigen sich in allen Bereichen. Berater wie Sie und Aufseher wie ich, müssen sich dieser Herausforderung stellen. Allen voran müssen wir auf das reagieren, was sich bei unseren „Kunden“ und im Umfeld unserer Kunden gerade tut.

Die BaFin als Aufsichtsbehörde hat die Aufgabe, potentielle Probleme oder Problemfelder bei Banken so früh wie möglich zu erkennen und aufsichtlich zu begleiten. Im Geiste des Zitates von Antoine de Saint-Exupéry versuchen wir also, die Zukunft für Banken möglich zu machen. Dazu gehört, dass unsere Regulierungsstandards angemessen sind. Sie sollen die Banken auf der einen Seite nicht ersticken und mit unsinnigen Anforderungen überfordern. Aber sie müssen dafür sorgen, dass die Banken stabil in die Zukunft starten können. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal für unser Umfeld sensibilisieren. Wir postulieren immer, dass wir eine proportionale und angemessene Aufsicht anstreben. Das tun wir auch. Aber Fakt ist, dass die BaFin nicht mehr alleiniger Standardsetzer der aufsichtlichen Anforderungen ist. Wir sind Teil eines großen europäischen und teilweise sogar weltweiten Gefüges. In Europa haben wir den sogenannten SSM. Einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus für alle großen europäischen Banken. Dabei sind die Banken alles andere als einheitlich. Wenn wir uns dann noch die kleinen, weniger signifikanten Banken anschauen, gilt dies allemal. Kein anderes Land in Europa hat so viele kleine Banken wie Deutschland. Noch dazu kommt, dass viele europäische Regeln eher für große Banken gemacht sind. Der Grundgedanke dahinter ist, ein level-playing field zu schaffen. Das kann ich verstehen. Aber für kleine Banken kommen Sie mit diesem Argument nicht weiter. Die kleinen Banken sind sowieso in einem anderen Umfeld unterwegs und auch nicht alle aufsichtlichen Vorgaben sind für sie sinnvoll. Ich denke hier zum Beispiel an die Offenlegungspflichten. Diese hatte man geschaffen, um den Investoren ein umfangreiches Bild von der Situation des jeweiligen Institutes zu ermöglichen. Aber welcher Retail-Einleger einer Sparkasse benötigt diese Information? Aus meiner Sicht können wir solche Offenlegungspflichten für kleine Banken ersatzlos streichen. Wenn eine kleine Bank dennoch zusätzliche Informationen offenlegen möchte, dann kann sie das selbstverständlich gerne tun. Nur sollte sie es nicht müssen. Wir wollen keiner Bank die Offenlegung verwehren, doch sollten die verbindlichen Mindeststandards angemessen sein. Gleiches gilt für die umfangreichen Vergütungsregeln. Auch die dürften für die meisten kleineren Häuser schlicht entbehrlich sein.

Daher brauchen wir einen Ansatz, der alle zufrieden stellt und trotzdem die Besonderheiten der unterschiedlichen Bankenmärkte und deren Vorgeschichte berücksichtigt. Und wir brauchen einen Ansatz, der in begründeten Fällen nicht nur die Freiheit lässt, wie man eine Regel anwendet, sondern auch ob man eine Regel anwendet. Und diese Freiheiten müssen wir, die Aufseher, auch haben.

Wir als Aufsichtsbehörde beobachten viele neue Entwicklungen. Der Bankenmarkt ändert sich und so tun es auch die Banken. Auch wir als Aufsicht ändern uns. Und Sie, als Berater, ändern sich auch. Ich finde, das ist eine spannende Entwicklung. Und ich bin gern bereit, laufend unsere Aufsichtsansätze auf den Prüfstand zu stellen. In diesem Sinne freue ich mich nun auf eine interessante Fragerunde. Ganz nach Antoine de Saint-Exupéry, der sagte: „Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

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